Digital Wondering 16
Die Digital Wonderings sind eine Reihe von Online-Diskursen rund um das kuratorische Thema TRUST. Sie können jede Form annehmen: von einem Gespräch, über ein kurzes Statement oder einen Film, bis hin zu einer fotografischen Serie. Die von Susan Bright und Nina Strand eingeladenen Mitwirkenden kommen aus den unterschiedlichsten Disziplinen und können nach Belieben auf das Thema und das Format antworten und reagieren.
Portrait der Künstlerin Viktoria Binschtok (D)
In der Ausstellung TRUST werden Arbeiten aus Viktoria Binschtoks Networked Images (2017 – heute) gezeigt. Binschtok arbeitet mit Bildsuchalgorithmen, um Bilder auszuwählen, die dann visuell in Zusammenhang miteinander gebracht werden. Diese schwebenden Bilder materialisiert sie in Clustern, um die zufälligen Assoziationen sichtbar zu machen, die online zwischen privater und öffentlicher Bildproduktion entstehen.
„Diese fotografischen Details von Menschen, Dingen und Orten sind eine Mixtur aus Bildern, die ich sehe und Bildern, die ich mache von Bildern die ich sehe. Ich löse meine Favoriten aus diesem flüchtigen Bilderstrom heraus, hole sie aus dem unsichtbaren Netz, in dem sie eingebettet waren und ordne sie neu an. Diese visuellen Fundstücke lasse ich gezielt zu Schnittstellen kollidieren, die ich ‚Networked Images‘ nenne. In meiner Neusortierung spielen Herkunft, Sinn und Zweck des Einzelbildes keine Rolle mehr. Sie ordnen sich unter und werden Teil eines neuen Bezugssystems, das den vernetzten Austausch von Bildern simuliert.
Mich interessiert die Eigendynamik von Bildern im digitalen Raum: ihre unfassbare Präsenz und zugleich diese unkontrollierbare Bewegung in alle Richtungen. Sie breiten sich aus, springen von Display zu Display – hinein in unsere Köpfe und dann wieder zurück in die Welt. Und dieser Loop aus Bildern, diese Dauerbewegung zwischen digitalem und physischem Raum reproduziert Wissen über die Welt, in der wir leben und – wie wir sie sehen. Die Bilder sind nicht nur Träger unserer medial vermittelten Welt – sie wird gleichzeitig durch sie geprägt.
Fotografien lösen beim Betrachten unweigerlich Assoziationen aus. Wir verknüpfen sowohl individuelle als auch kollektive Geschichten mit bestimmten Bildern und suchen reflexartig nach Sinn. In meinen ‚Networked Images‘ hebe ich den Unterschied zwischen dem Wesentlichen und dem Unwesentlichen einfach auf: Jede Relevanz, jeder Zusammenhang verschiebt sich je nach Standpunkt und wird dadurch zu einer persönlichen Variable.
Doch auch wenn Inhalte und Kontexte getrennt sind, lassen sich doch Codes erkennen, die auf Systeme verweisen, die eben diese Bilder repräsentieren könnten. Und diese Varianz – dieser Shift in der Lesbarkeit von Bildern ist mir wichtig.
Wir leben im Moment in einer besonderen Zeit. ‚Business as Usual‘ funktioniert nicht und wir müssen große Teile unserer Kommunikation ins Netz verlagern. Ein guter Zeitpunkt eigentlich, um den Austausch von Bildern von allen Seiten zu betrachten.
Vertrauen zu haben ist eine persönliche Entscheidung auf freiwilliger Basis. Für mich ist Vertrauen auch eine wesentliche Voraussetzung für zwischenmenschliche Beziehungen. Im digitalen Raum werden unsere Beziehungen jedoch von Algorithmen koordiniert. Wir müssen unsere Daten einem System anvertrauen, um Teil der globalen Kommunikation zu sein. Menschen vertrauen also Maschinen, nicht andersherum. Es ist ein Abhängigkeitsverhältnis, in dem wir uns befinden, sobald wir das Netz betreten. Unser Vertrauen wird für den Zugang vorausgesetzt: ‚Auswahl akzeptieren‘ oder ‚Alles akzeptieren‘.“
Biografie
Viktoria Binschtok hatte Einzelausstellungen im Museum Folkwang Essen, im Kunstmuseum Bonn, bei C/O Berlin und bei KLEMM’S in Berlin. Ihre Arbeiten wurden im Rahmen von Gruppenausstellungen ausgestellt u.a. im Centre Pompidou-Metz und Paris, im Museum der Bildenden Künste Leipzig, in der Bergen Kunsthall, im Kunstverein Bregenz und der Fondazione Prada in Mailand.